Prostitution: Das „Schwedische Modell“ und die Kriminalisierung von käuflichem Sex

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Das „Schwedische Modell“ stammt aus dem Bereich der käuflichen Sexualität. Es sieht eine Kriminalisierung von Prostitution vor, nimmt aber weniger die Sexarbeitenden ins Visier als deren Kunden. Verfolgt würde entsprechend der Kauf von sexuellen Dienstleistungen.

Parteiübergreifend wurde zur Diskussion dieser „Lösung“ zum Beispiel von CDU und SPD der Arbeitskreis „Prostitution – wohin?“ ins Leben gerufen. Auf der Internetseite „pro-medienmagazin.de“ heißt es in einem Bericht über diesen Arbeitskreis, Thorsten Frei von der Unionsbundestagsfraktion zitierend, dass „Prostitution in der Realität für viele der Frauen bedeutet, dass sie unter falschen Vorspiegelungen angelockt, über Jahre in schwerster Weise ausgebeutet und misshandelt werden“.

Dass diese Beschreibung eher dem Tatbestand des Menschenhandels oder Menschenraub entspricht, problematisiert die genannte Website nicht.

Einen anderen Weg sich dem Thema „Gesellschaftlicher Umgang mit Prostitution“ zu nähern, geht das Online-Magaziin vice.com in seiner Ausgabe vom 15.10.2019. Interviewt wird hier Aya Velázquez, die einerseits als Escort arbeitet und andererseits im „Berufsverband für erotische und sexuelle Dienstleistungen BesD e.V.“ engagiert ist.

In dem Gespräch gibt Aya Velázquez bereits eingangs zu bedenken, dass „das Sexkaufverbot auch bedeutet, dass jegliche Unterstützung von Sexarbeitenden, zum Beispiel in Form von Fahrdiensten, illegal wird. Es können einem die Kinder weggenommen werden und erwachsene Kinder können der Zuhälterei angeklagt werden, wenn sie Geld von ihren sich prostituierenden Müttern bekommen. In Schweden, so Velázquez, würden Sexarbeiterinnen sogar ihre Wohnung verlieren.

Sie selbst befürchtet ebenfalls große Einschränkungen, wenn das Schwedische Modell sich auch in Deutschland durchsezten würde, zum Beispiel in Hotels, wo ihr der Zutritt verwehrt werden könnte oder im Internet, wo der Provider ihres Webspaces befürchten müsse, angeklagt zu werden wegen Förderung von Prostitution. Die eigenen Websites von selbständig arbeitenden Huren und Strichern würden also weitgehend aus dem Internet verschwinden.

Unsere Arbeit, so Fr. Velázquez, würde fortan wieder „in unsaubere, unsichere, dunkle Ecken verschoben: Wald, Feld, Flur, Parkplatz“. Durch die Kriminalisierung von Prostitution würde zwar nicht die Zwangsprostitution zunehmen, aber die Situation der in diesem Bereich arbeitenden Menschen würde prekärer.

Auch Velázquez ist der Ansicht, dass die heute oft kritisierte Situation vieler Prostituierter nichts mit Prostitution zu tun hat, sondern mit Menschenhandel. Die Opfer prostituieren sich auch nicht, sie werden schlicht und einfach vergewaltigt. Prostitution und Menschenhandel seien zwei verschiedene Angelegenheiten, die in der Diskussion nicht miteinander verwechselt werden sollten.

Auf die Frage, ob sie durch das Schwedische Modell ihre Selbstbestimmung beschnitten sähe, antwortet Fr. Velázquez: „Auf jeden Fall. Ich fühle mich in meinen Grundrechten verletzt und zwar ganz konkret in Bezug auf die Artikel 1 und 12 unseres Grundgesetzes. Aus dem Artikel 1 leitet sich das Recht auf sexuelle Selbstbestimmung ab, Artikel 12 gewährt ein Recht auf freie Berufswahl.“

Angesprochen auf die Ziele des „Berufsverbands für erotische und sexuelle Dienstleistungen“, in dem sie sich engagiert, sagt Aya Velázquez, dass „wir ein flächendeckendes Beratungsnetz fordern. Wir wollen Gesundheitsangebote, aber freiwillig. Wir fordern eine Professionalisierung für den Beruf, das bedeutet Ausbildungsmöglichkeiten, zum Beispiel Deutschkurse für Migranten und Migrantinnen. Außerdem möchten wir zumutbare Umstiegsmöglichkeiten.“

Das ganze Interview kann nachgelesen werden unter bei vice.com