Am 6.5.2023 wurde die Ausstellung Ex Gratia im Künsterhaus Stuttgart eröffnet. Autorin ist die Exil-Iranerin Niloufar Emamifar. Kuratiert wurde die Ausstellung vom künstlerischen Leiter der Einrichtung, Eric Golo Stone.
Die Ausstellung umfasst vier Objekte, die eine Fläche von geschätzt 600 qm in der zweiten und vierten Etage des Künstlerhauses einnehmen. Im Einzelnen handelt es sich um eine ca. 2 x 3 m große Leinwand, die in der zweiten Etage aufgebaut ist. Zu sehen war hier zum Zeitpunkt der Ausstellungs-Eröffnung ein Schwarzweißfilm mit folgendem vermuteten Inhalt: eine Kamera auf dem Rücksitz eines Pkws nimmt eine Fahrschülerin bei der Fahrt durch eine Stadt auf. Man sieht die Windschutzscheibe, das Lenkrad, die Arme und Hände der Schülerin, ihre Schulter und ihren Kopf, jeweils von schräg hinten aufgenommen. Zu hören ist ein Gespräch, über dessen Inhalt ich an dieser Stelle leider nichts sagen kann, weil es mir vollständig unverständlich war. Der Film hat Untertitel. Auf der vierten Etage sind die restliche drei Objekte zu sehen. Ganz links neben dem Eingang ein (Röhren-)Monitor, auf dem man die Hand (vermutlich) einer Frau sieht, die die Tastatur einer alten Rechenmaschine zu bedienen scheint – dieses Bild ist auch auf dem Ausstellungsplakat zu finden. Der Endlos-Film ist in Farbe, zu hören ist ein Hintergrundgeräusch, das ich als lautes Murmeln interpretiere. Das zweite Objekt ist eine, zwischen zwei Pfeilern installierte, schräg angebrachte Fläche, die aufgrund ihrer grünen Farbe entfernt an eine Tischtennisplatte erinnert, tatsächlich aber eine ca. 3 oder 4 qm große Plattform ist, an der eine Metallkonstruktion angebracht ist, dessen Zweck es zu sein scheint, abgesenkt, das Ganze als Bühne verwenden zu können. Das vierte und letzte Ausstellungsobjekt ist, hinten links auf derselben Etage, eine Anzahl von ca. 12 teilweise verschlossenen in die Wand eingelassenen Bank-Schließfächern, die scheinbar ergänzt werden durch einige auf dem Boden abgestellte, gestapelte, metallene Schubkästen.
Keines der Objekte trägt einen Titel.
Die Ausstellung wird ergänzt durch eine Broschüre, in der ein mehrseitiger Text u.a. erklärt, was unter dem Titel EX GRATIA zu verstehen ist.
Auf der Website des Künstlerhauses selbst heißt es, dass sich Niloufar Emamifar „mit den psychosozialen Dynamiken des gebauten Raums“ beschäftigt. Die Ausstellung EX GRATIA blicke „auf die ortsspezifische strukturelle Kapazität, die erforderlich ist, um den Bedürfnissen gelebter Beziehungen nachzukommen.“ Aus diesem Grund untersuche Ihre Arbeit „die ursächlichen Beziehungen zwischen Ort, Situation und Subjektivität.“ Lebewesen seien, so die Künstlerin, „durchlässig und dadurch anfällig für konstruierte Systeme, die sie im Moment besetzen und verkörpern.“ Es waren die Produktionsbedingungen der Ausstellung, die Emamifar veranlasst habe, „dauerhafte Strukturen zu entwickeln, die von zukünftigen Künstler*innen bei deren Arbeit mit dem Künstlerhaus Stuttgart und anderen Institutionen im Kunstbereich in Deutschland angewendet werden können.“ Aufgrund der im Künstlerhaus zum Zeitpunkt der Ausstellungs-Auftragsvergabe fehlenden rechtlichen und wirtschaftlichen Infrastruktur habe Emamifar eine Rechtsberatung mit der Herstellung entsprechender, allgemein gültiger Richtlinien besiftragt. Auf diese Weise solle das Künstlerbaus in die Lage versetzt werden, mit Künstler*innen, die ein Visum benötigen, die Migrant*innen sind, die vertrieben wurden oder die einen Geflüchteten-Status innehaben zusammenzuarbeiten.
Das Urteil darüber zu fällen, in wie weit es sich bei der Ausstellung EX GRATIA im Künstlerhaus Stuttgart um einen Ballon handelt, der ziemlich viel Luft enthält, bleibt den Besuchern und Besucherinnen überlassen.