Sie hatte den Hörer noch in der Hand. Sie hatte länger mit ihr gesprochen. Sie hatte sich Notizen gemacht. Der Termin stand jetzt.
Es war nicht ihre Art, ihre Telefonate laut zu kommentieren. Letztlich konnte es den anderen egal sein, was sie interessant fand und was nicht. Und die Termine machte sie selbstverantwortlich, ohne Rücksprache mit irgendjemandem.
Als wolle sie wenigstens von ihm einen freundlichen Blick, eine Bestätigung, Anerkennung, schaute sie rüber zu Willi. Der schlief. Eingerollt auf seinem Kissen.
Sie beneidete ihn dafür.
Willi war wie ein Blindenhund für sie. Seine Aufgabe war es, sie zu schützen. Es gab immer wieder Situationen für eine Frau, die alles andere als angenehm waren. Etwas hatte sie sich daran gewöhnt, mehr aber nicht.
Den Hund hatte sie seit zwei Jahren. Wegen des Vorfalls an der Otto-Meier-Brücke. Das wollte sie nicht noch einmal erleben. Eine körperliche Verletzung hatte sie nicht davongetragen. Sie war aber ängstlicher geworden.
Mit dem Hund war das anders. Obwohl Willi kein Dobermann, keine Dogge, kein Labrador oder so etwas war. Er war ein irischer Hirtenbund. Eine Art schlecht rasierter Don Quichote auf vier Beinen.
Sie legte den Hörer endlich zurück auf den Apparat und ordnete etwas die Papiere auf ihrem Schreibtisch. Als sie das Buch, das sie heute morgen in der Betriebsbibliothek ausgeliehen hatte, in ihre Umhängetasche tat, hob Willi den Kopf.
Zuhause konnte sie es kaum abwarten, das Buch aufzuschlagen.
Sie mochte den ersten Satz:
„Zwei Tage hatte er wie tot auf seinem Büffelledersofa gelegen“.
Den letzten Satz erlebte sie nicht mehr. Ein Auto war von der Fahrbahn abgekommen, hieß es.