Internet: „Cookiekalypse“ oder warum Cookies keine Zukunft haben

Cookies

Cookies sind kleine Dateien, die bei dem Besuch einer Website auf dem Computer des Besuchers gespeichert werden. Es gibt mindestens zwei Arten von Cookies. Solche, die die Navigation innerhalb einer Website sicherstellen, und andere, die Werbezwecken dienen und von Dritten stammen.

Cookies, die zur Navigation dienen, kommen dann zum Einsatz, wenn zum Beispiel ein Warenkorb gefüllt wird. Sie stellen ein Beziehung zwischen dem Besucher oder der Besucherin und dem mittels Click in den Warenkorb beförderten Objekt her. Bricht während des Einkaufs die Verbindung aus irgendeinem Grund ab, dann erkennt das System anhand der auf dem Computer während des Einkaufs gespeicherten Cookie-Daten mühelos an welcher Stelle der Einkauf unterbrochen wurde und welche Objekte im Warenkorb liegen.

Third-Party-Cookies, die von externen Unternehmen stammen, „interessieren“ sich mehr für bestimmte Objekte oder Objektgruppen. Hat man Wanderschuhe in den Warenkorb „geklickt“, den Einkauf aber abgebrochen, weil alles viel zu teuer, viel zu billig, viel zu klein oder viel zu groß ist, dann führt die während des Einkaufs durchgeführte Platzierung eines dieser Cookies dazu, dass „seltsamerweise“ auf der Nachrichtenwebsite, die man am nächsten Tag besucht, für lauter Wanderschuhe geworben wird.
Das ist also keine Hexerei und kein Beweis für die totale Überwachung, sondern eine Art Taschenspielertrick, der übrigens auch ohne Warenkorb funktioniert. Manchmal reicht auch die Lektüre eines entsprechend verschlagworteten Textes, aus dem ein Interesse an bestimmten Produkten, für die geworben werden kann, abgeleitet wird.

Stellen Sie sich vor, Sie planen für die Zeit nach Ihrer Pensionierung eine Wanderung nach Santiago de Compostela. Auf der Website der Zeitschrift Brigitte finden Sie ein altes Interview mit Harpe Kerkeling, der den thematisch zu Ihren Plänen passenden Bestseller „Ich bin dann mal weg“ geschrieben hat. Wenn der Zugang zu diesem Interview kostenlos ist, dann muss der Verlag sehen, wie er auf seine Kosten kommt. Er verschlagwortet also den Text, auf den Sie durch Zufall gestoßen sind, und bietet entsprechenden Unternehmen dessen Vermarktung an. Die Schlagworte „Wandern, Buch, Spanien, Religion“ wären in diesem Zusammenhang denkbar und hätten ein gewisses Interesse für Anbieter von Campingausrüstungen, für Reiseveranstalter und Buchverlage. Es ist also so verwunderlich nicht, dass Ihnen beim nächsten Besuch Ihres bevorzugten Onlinehändlers bestimmte Produkte besonders angepriesen werden.

Und wenn wir schon dabei sind, dann kann ich auch den Begriff nennen, mit dem dieser Vorgang in Fachkreisten benannt wird: Retargeting, „re“ im Sinn von „wieder“ oder „erneut“ und „targeting“ von „target“ im Sinn von „Ziel“ oder „Visier“. Dass zu jedem Retargeting auch eine gehörige Portion „Programmatic Advertising“ gehört, die auf einer Demand oder Sell Side Platform“ abgewickelt wird, verkompliziert den Gedankengang nur und soll an dieser nicht weiter erläutert werden.

Soviel dazu.

Etwas länger ist es her, dass der bekannte Internetbrowser Firefox diese „Third-Party-Cookies“ standardmäßig ablehnt. Auch von Apple hört man, dass der hauseigene Browser Safari es den Werbetreibenden schwer macht, die Vorlieben der Internetbevölkerung auszukundschaften. Unter Berücksichtigung der seit Mai letzten Jahres geltenden europäischen Datenschutzgrundverordnung schätzt man heute, dass das Verlustpotenzial von Nutzern, bei denen Third-Party-Cookies nicht mehr einsatzfähig sind, jetzt schon bei 50 Prozent liegen dürfte.

Dabei ist die die nächste Entscheidung der Datenschutzbehörden hier noch nicht berücksichtigt. Abzusehen ist nämlich, dass die Websitebetreiber und -betreiberinnen in nicht allzu ferner Zukunft von ihrer Besucherschaft die explizite Erlaubnis einholen müssen, um überhaupt Third-Party-Cookies auf deren Computer zu platzieren.

Ein Desaster für die Werbebranche? Vielleicht.

Burkhard Heinz

mediatpress®