Arbeitsministerium unterstützt Forderung der Verlage nach Subventionierung des Zeitungsvertriebs

2013 erklärte der Dortmunder Medienökonom und Journalistikprofessor Frank Lobigs im Deutschlandfunkkultur, was es mit der allgemein ausgemachten Krise im Bereich der Zeitungs- und Zeitschriftenverlage seinerzeit auf sich hatte. Der Spiegel hatte damals eine Profitrate zwischen 15 und 20%. Ähnlich ging es der Braunschweiger Zeitung, einer normalen regionalen Tageszeitung. Und beide Publikationen waren für ihre Branche keine wirklichen Ausnahmen. Die Krise des Zeitungs- und Zeitschriftenmarkted war vor allem die sich langsam abzeichnende Verkleinerung dieser überdurchschnittlichen Margen.

Die Auflagen der Printpublikationen begannen zu sinken, das Internet wurde immer wichtiger, andere Quellen wie die sozialen Netzwerke machten den traditionellen Medien mehr und mehr Konkurrenz.

Dass immer mehr Kundinnen und Kunden ihre Zeitung auf einem Tablet lesen, ist bekannt. Dass ein Jahresabonnement der Süddeutschen Zeitung im Vergleich zur Washington Post oder zur New York Times abrr das Zehnfache kostet, wissen deutlich weniger Personen. Dieser Umstand ist nun wohl damit zu erklären, dass die deutschen Verlagshäuser sich nur sehr ungerne von ihren überdurchschnittlich hohen Gewinnmargen der nicht allzu fern zurückliegenden Vergangenheit verabschieden und lieber unüberhörbar stöhnen und sich laut beklagen.

Nicht darüber, dass sie die digitalen Versionen der Tageszeitungen von vor- und vorvorgestern zu einem Preis verkaufen, als wären sie grade erst gedruckt worden.

Auch beklagen sie sich nicht darüber, dass sie die Anzahl der in ihren Redaktionen arbeitenden männlichen und weiblichen Journalisten in den letzten Jahren teils radikal zusammengestrichen haben. Auch klagt man auf Verlegerseite nicht über die Zusammenlegung von unterschiedlichen Redaktionen, in denen nun unterschiedliche Ausgaben parallel und kostensparend zentral mit Inhalten versorgt werden.
Auch beklagen sich die Verlagshäuser nicht darüber, dass ein Journalist – egal ob Mann oder Frau – heute, um einen Artikel zu schreiben, meist nur noch das Programm auf seinem Computer wechseln muss, statt den Ort seiner Arbeit.
Eine Reihe kleinerer Meldungen erscheinen heute in der Tageszeitung, weil die zuständige journalistische Kraft – immer öfter in einem freien als einem festen Arbeitsverhältnis – am Vorabend die Tagesschau gesehen oder der einen oder anderen Spur in den sozialen Medien erlegen ist.

Nein, Verlage beklagen sich über die Situation im Vertrieb. Das Personal wurde (von den Verlagen) zusammengestrichen, hat nun weitere Wege zu machen und erhält mit dem gesetzlichen Mindestlohn, der seit 2018 gilt, einen nicht nur im oberen Sinn „beklagenswerten“ Ausgleich für ihren Einsatz. Die Zusteller und Zustellerinnen werden zum Leidwesen der Verlage mittlerweile stundenweise und nicht mehr je zugestelltem Exemplar entlohnt. Schenkt man dem aktuellen Branchenbericht des Bundes Deutscher Zeitungs Verleger – BDZV – Glauben, so sind es gegenwärtig rund 100.000 meist geringfügig Beschäftigte, die deutlich mehr als 10 Millionen Zeitungen zustellen.

Und nun haben die Klagen der Verlage also das Arbeitsministerium erreicht, das Handlungsbedarf erkannt hat. Zur Erleichterung der Verlage habe man im von Herrn Heil geleiteten Ministerium endlich eingesehen, dass es schließlich darum gehe, „die Lieferung gedruckter Zeitungen weiterhin bis in die hintersten Winkel Deutschlands zu ermöglichen“. Nicht mit der Post im Verlauf des Tages, sondern parallel zum Brötchen rechtzeitig zum Frühstück nicht später als um 6 Uhr morgens.

Das Ministerium für Arbeit und Soziales plant also eine Förderung, die erstmal auf fünf Jahre begrenzt sein soll. Kaum dass aber die Höhe der Förderung bekannt ist – eine erste Fördersumme für 2020 soll 40 Mio. Euro betragen – , erklärt der Branchenverband der Zeitungsverleger, dass „eine so geringe Förderung kein einziges Problem löse“. Der BDZV-Hauptgeschäftsführer Dietmar Wolff erklärt gegenüber der dpa, dass nämlich jede ausgetragene Zeitung durchschnittliche Vertriebskosten von 52 Cent mit sich bringe und eine Förderung, die weniger als 1 Cent pro Zeitung ausmache, (natürlich) viel zu gering sei.

Das System solle übrigens nicht nur die Zustellung von Abo-Tageszeitungen unterstützen, sondern auch die Verteilung kostenloser Anzeigen- und Wochenblätter, von denen nicht einmal die Hälfte gelesen wird.

Und weil die Zeitungsverlage nun Geld für die Zustellung ihrer Erzeugnisse bekommen, halten auch andere Verbände die Hand auf. So sind die Zeitschriftenverlage der Überzeugung, dass die Postzustellung ihrer Magazine auch nicht nur von den Leserinnen und Lesern bezahlt werden soll, sondern die „Hilfe der Regierung“ benötigt.

Förderungswürdig im Sinne einer demokratischen Gesellschaft ist weniger die bloße Lieferung irgendwelcher Zeitungen und Zeitschriften, sondern die Erstellung von und der mündige Umgang mit journalistischen Inhalten jedweder Form.

Burkhard Heinz
mediatpress®

siehe auch
meedia.de
zapp.de
Deutschlandfunkkultur